Wien geht dem Mythos Venedig nach  |  | Franz Leo Ruben, Motiv aus Venedig, 1877 | |
Wie ist Venedig zu dem geworden, was wir heute in dieser Stadt sehen? Dieser Frage stellt sich das Wiener Belvedere mit seiner aktuellen Ausstellung und hat dazu Werke aus dem 19. Jahrhundert zusammengetragen, die unser Bild der Serenissima bis heute prägen. Neben rund 80 Gemälden hat Kurator Franz Smola auch Beispiele aus Literatur und Film ausgewählt, um weitere Zugänge zur künstlerischen Auseinandersetzung mit dieser ungewöhnlichen Stadt schaffen. Sehnsüchtig blickten und blicken noch immer viele Nordeuropäer Richtung Süden und damit auch auf Venedig. Hier meinte man, die Unbeschwertheit und ein einfaches Leben zu finden. Die vom Meer geprägte Landschaft versprach die Loslösung von der bürgerlichen Enge im eigenen Land. In drei thematischen Kapiteln begibt sich die Ausstellung auf die Spuren dieser Inszenierung eines Traums.
Nachdem die einstige Republik nach 1797 ihre Rolle als politische Großmacht verloren hatte, entwickelte sich europaweit eine überraschende Empathie für die geplagte Stadt. Venedig erhielt ein neues Profil, das sich zu einem großen Teil daran orientierte, wie es von Intellektuellen, Literaten und Künstler von außen wahrgenommen wurde. Bald waren zwei Erzählstränge tonangebend: Einerseits schufen Historiker die Legende der düsteren, korrumpierten Stadt in den Fängen einer über Jahrhunderte herrschenden, intriganten Autokratie, die sogenannte „leggenda nera“. Andererseits weideten sich die Künstler am romantischen Venedig, angezogen vom morbiden Reiz des Verfalls und verzaubert von einem Ort, der ins Wasser gebaut zu sein scheint.
Ein besonders beeindruckendes Beispiel aus der Gattung Historienmalerei ist Hans Makarts über zehn Meter langes Gemälde „Venedig huldigt Caterina Cornaro“, das aufgrund seines ungewöhnlichen Formats nur selten zu sehen ist. Der zweite Teil der Schau wendet sich der engen historischen Verbindung der Stadt mit Österreich zu. Aufgrund der geografischen Nähe hielten sich zahlreiche österreichische Malerinnen und Maler wie etwa Antonietta Brandeis, Leopold Carl Müller, Carl Schuch oder August Xaver Karl Ritter von Pettenkofen längere Zeit in Venedig auf, um sich Inspiration zu holen. Der dritte Abschnitt beleuchtet Venedig als Sehnsuchtsort und damit jenen Mythos, der die Stadt seit dem beginnenden 19. Jahrhundert bis heute bestimmt. Künstlerinnen und Künstler aus Europa und den USA gaben sich der Magie, aber auch der Melancholie der Stadt hin. Dazu haben Rudolf von Alt, Franz Leo Ruben, Josef Carl Berthold Püttner, Pietro Fragiacomo oder Giuseppe Canella die Plätze, Paläste oder die Silhouetten Venedigs eingefangen. Anton Romako, Eugen von Blaas, Ludwig Passini oder Cecil van Haanen nehmen dann den Menschen und das angenehme, teils aber auch harte Leben in der Serenissima in den Blick.
Die Ausstellung „Viva Venezia! Die Erfindung Venedigs im 19. Jahrhundert“ ist bis zum 4. September zu sehen. Das Untere Belvedere hat täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 16 Euro, ermäßigt 12,50 Euro; für Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren ist er kostenlos. Bei Buchung der Tickets im Internet reduziert sich der Eintrittspreis. Der Ausstellungskatalog ist im Museum für 29,80 Euro zu haben.
Österreichische Galerie Belvedere – Unteres Belvedere
Rennweg 6
A-1030 Wien
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