Kritik an Documenta-Leitung wächst  |  | Die Documenta wird mit Vorwürfen der Untätigkeit beim Antisemitismus-Skandal konfrontiert | |
Der Druck auf die Verantwortlichen der Documenta nimmt von verschiedenen Seiten zu. Nachdem Meron Mendel ihnen Ende vergangener Woche Untätigkeit und Verschleppung des Antisemitismus-Skandals vorgeworfen hat, ist nun auch Felix Klein diesen Argumenten gefolgt. Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung attestierte der Documenta-Leitung einen verheerenden Umgang mit den Vorwürfen und forderte sie auf, Konsequenzen aus dem Eklat zu ziehen. „Dass die Unterstützungsangebote des Landes Hessen und des Bundes zur Veränderung der Strukturen insbesondere im Hinblick auf die internationalen Auswirkungen ausgeschlagen wurden, ist völlig unverständlich“, so Klein gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Zugleich zeige die mangelnde Kooperation der Verantwortlichen mit Meron Mendel, dass die Documenta-Leitung letztlich nicht an einem ernsthaften Dialog interessiert sei. Er hoffe, dass die Abwendung von Kulturschaffenden nun endlich dazu führen werde, den Eklat aufzuarbeiten.
Damit bezog er sich auf Hito Steyerl. Die international renommierte Künstlerin hatte sich am Freitag von den Vorgängen in Kassel distanziert und ihre Arbeiten, die im Naturkundemuseum Ottoneum zu sehen waren, von der Weltkunstschau zurückgezogen. Sie habe kein Vertrauen in die Fähigkeit der Documenta-Verantwortlichen, Komplexität zu vermitteln und übersetzen. „Dies bezieht sich auf die wiederholte Weigerung, eine nachhaltige und strukturell verankerte inklusive Debatte rund um die Ausstellung zu ermöglichen, sowie auf die faktische Weigerung, Vermittlung zu akzeptieren“, so Steyerl in ihrer Mail an die Documenta-Leitung. Aufgrund der Untätigkeit und des mangelnden Willens zur Kooperation bei der Aufarbeitung des Skandals hatte bereits am vergangenen Donnerstag Meron Mendel, der Leiter der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank, seine Position als externer Berater der Schau niedergelegt.
Das Internationale Auschwitz Komitee rief ebenfalls dazu auf, angesichts der großen Betroffenheit des Publikums in einen offenen Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern zu treten. „Jeder Documenta-Tag, den die Verantwortlichen weiterhin schweigend und untätig auszusitzen versuchen, ist ein verlorener Tag für die Zukunft der Documenta überhaupt“, betonte Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, während eines Projektaufenthaltes mit Auszubildenden in Kassel. Dabei müsse auch die wichtige und bittere Erkenntnis zur Sprache kommen, „dass die Ausgrenzung israelischer und jüdischer Künstler aus dem weltweiten Kulturbetrieb viel weiter fortgeschritten ist, als bisher gedacht und – manchmal lautstark, manchmal diskret – effektiv betrieben wird“. |