Ein jüdisches Sammlerleben: Frankfurt erinnert an Goldschmidt-Rothschild  |  | Hippocamp als Trinkgefäß, um 1590/1600 | |
Das Frankfurter Museum Angewandte Kunst würdigt vom Wochenende an Maximilian von Goldschmidt-Rothschild sowie seine umfassende Kunstsammlung. Der jüdische Bankier und Mäzen hatte um die Wende zum 20. Jahrhundert in Frankfurt am Main mehr als 1.500 Kunstwerke zusammengetragen und galt damals als einer der bedeutendsten Sammler in Deutschland. Die Geschichte der Sammlung spiegelt gleichzeitig das bewegte Leben ihres Besitzers wider. Im Fokus der Schau stehen der verfolgungsbedingte Verkauf der Objekte, deren Aufteilung auf drei Frankfurter Museen sowie die Restitution eines Großteils der Exponate an die rechtmäßigen Erben. Das Kuratorenteam aus Katharina Weiler und Matthias Wagner K nimmt die Schau zum Anlass für einen kritischen Blick auf den hauseigenen Bestand, in dem sich noch Objekte der Sammlung mit teilweise lückenhafter Provenienz befinden, sowie auf die Institutionsgeschichte und die jüngsten Ergebnisse der Provenienzforschung am Museum. Leihgaben aus Privatbesitz und namhaften Museen, darunter Kirchenschätze, wertvolle Skulpturen und frühneuzeitliches Kunsthandwerk, Gemälde Alter Meister und französische Möbel des 18. Jahrhunderts, ergänzen den Parcours.
1843 in die jüdische Frankfurter Bankiersfamilie Goldschmidt-Kassel geboren, stieg Maximilian Goldschmidt 1862 in das väterliche Unternehmen „B. H. Goldschmidt“ ein und heiratete 1878 in die reiche Bankiersfamilie Rothschild ein. 1907 erhob ihn Kaiser Wilhelm II. als einzige Person jüdischer Herkunft in den preußischen Freiherrenstand. Neben seiner Leidenschaft für die Kunst – zu seinen Sammlungsschwerpunkten zählten unter anderem kunstvolle Trinkgefäße in Tiergestalten, antike Bronzeplastiken, dekorative Emailgläser und wertvolles Porzellan, exquisite Miniaturen sowie ausgefallene Tabatieren – engagierte sich von Goldschmidt-Rothschild in zahlreichen wohltätigen Frankfurter Stiftungen. 1938 sah sich der Mäzen unter den Repressalien der NS-Diktatur gezwungen, das Palais Rothschild sowie seine Sammlung unter Wert an die Stadt Frankfurt zu verkaufen. Die Stadt überwies das Geld teilweise auf ein Sperrkonto, auf das er keinen Zugriff hatte. In der Folge wurden die kunsthandwerklichen Objekte an das Museum für Kunsthandwerk die Gemälde an die Städtische Galerie und die Kleinplastiken an das Liebieghaus verteilt. 1939 vereinnahmte die Stadt Frankfurt das Palais Rothschild für das „Museum für Kunsthandwerk, Abteilung II“. Maximilian von Goldschmidt-Rothschild wohnte bis zu seinem Tod am 15. März 1940 im Alter von 96 Jahren als Mieter in seinem ehemaligen Haus.
Während des Zweiten Weltkriegs lagerte das Museum die Sammlung Goldschmidt-Rothschild aus und schützte sie so vor den Bombenangriffen. Nach Kriegsende verweigerten die Stadt und die Museumsdirektoren zunächst die Restitution, am 16. Mai 1949 einigte man sich schließlich mit den Nachkommen Goldschmidt-Rothschilds auf eine Vergleichsvereinbarung. Der Großteil der Objekte wurde zurückgegeben. Die Erben ließen diese anschließend über den Kunsthandel in New York verkaufen, wodurch sich sie auf Museen und Privatsammlungen rund um den Globus zerstreuten. 68 Objekte aus der Sammlung Goldschmidt-Rothschild sind derzeit noch im Besitz des Museums Angewandte Kunst, jedoch ist nur in 18 Fällen ein rechtmäßiger Erwerb in den Nachkriegsjahren belegt. Derzeit stehen die Stadt Frankfurt, das Museum sowie die Nachkommen Maximilians von Goldschmidt-Rothschild im Austausch, um eine gerechte Lösung hinsichtlich der übrigen Positionen zu finden.
Die Ausstellung „Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild“ läuft vom 28. Januar bis zum 4. Juni. Das Museum Angewandte Kunst hat dienstags sowie freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, am Mittwoch von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenlos. Zur Schau erscheint Ende April ein umfangreicher Katalog.
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
D-60594 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0)69 – 212 340 37 |