Losnummer: 6735
Die Entstehung der Zeichnung fällt in den zehnjährigen Aufenthalt Schnorrs in Italien, wo der Künstler die Jahre von 1817 bis 1827 verbrachte. In dieser Zeit entfaltete sich der ganze Reichtum seiner hohen künstlerischen Begabung als Zeichner, Tafel- und Freskomaler, im Studium der Natur, bei Akten, Bildnissen und Landschaften. Die 1819 datierte Zeichnung entstand wohl in Florenz, wo sich der Künstler monatelang aufhielt, um sich von diversen Krankheiten zu erholen und sich zu regenerieren. Vor allem in diesen frühen italienischen Jahren schuf Schnorr eine Vielzahl von Landschaftszeichnungen, eine Art Tagebuch landschaftlicher Erinnerungen von Rom, aber auch von den Gegenden auf seinen Reisen. Unmittelbar nach der Natur entstanden, geben sie diese getreu wieder, die figürliche Staffage ist hinzuerfunden. Schnorr klebte diese ihm wertvollen Zeichnungen in einen Folioband, der als Italienisches Landschaftsbuch (Dresden, Kupferstichkabinett) berühmt geworden ist und mit 115 Zeichnungen die Essenz von Schnorrs Landschaftskunst enthält. Unsere Zeichnung gehört nach Einschätzung von Hinrich Sieveking in den Kontext eben dieser italienischen Landschaftsdarstellungen. "In nur wenigen dieser Blätter spielt dabei die figürliche Staffage eine neben der Landschaft gleichberechtigte Rolle. Mit Vorliebe schildert Schnorr darin den Alltag der Hirten mit ihren Herden von Schafen und Ziegen, den des Jägers mit seinem Gewehr, der beständig auf der Pirsch ist, den Alltag der jungen Mädchen und Frauen in ihrer meist festlichen heimischen Tracht mit fröhlicher Kinderschar oder mit Körben voller Früchte oder Krügen voll Wasser oder Wein auf dem Kopf balancierend. Bei unserer Zeichnung handelt es sich um eine anmutige und bewegende Genreszene. Die beiden Mädchen sind offenbar im Begriff, dem vor ihnen auf hartem Stein sitzenden Mann einen Almosen in den offen gehaltenen Hut zu geben. Deutlich ist bei der am linken Bildrand Stehenden zu erkennen, daß sie die rechte Hand in eine seitliche Tasche ihres Kleides steckt, um einen Almosen daraus zu holen. Auch der still, aber erwartungsvoll ihnen zugewandte Kopf des Mannes spricht dafür. Es handelt sich offenbar um einen barfüßigen Pilger mit Wanderstab, der sich ausruht. Ihm verleiht Schnorr ein Christus ähnliches Aussehen in der differenzierten Ansicht seines würdevollen Hauptes. So ruft die Komposition eine christliche Thematik in Erinnerung, die Begegnung Christi mit den drei Frauen nach der Auferstehung an seinem verschlossenen Sarkophag. Das Thema der Almosenspende kommt bei Schnorr in mehreren der italienischen Landschaftsdarstellungen mit figürlicher Staffage vor." (Dr. Hinrich Sieveking München, E-mail vom 28. September 2022). Wir danken Hinrich Sieveking, München, für seine wertvollen Ausführungen zu diesem Blatt.
Wir bitten darum, Zustandsberichte zu den Losen zu erfragen, da der Erhaltungszustand nur in Ausnahmefällen im Katalog angegeben ist.
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